Berührung im Alltag
Zur Zeit befinde ich mich auf einer Therapiewoche der Gesellschaft für MPS, die Kurzform einer seltenen Stoffwechselstörung. Mukopolysaccharidose. Hier kommen einmal im Jahr Familien, Therapeuten, Ärzte und Orthopädietechniker zusammen, um den Kindern und Erwachsenen, die diese Veränderung haben zusammen und lassen ihre Kinder eine Woche lang behandeln, sich neue Möglichkeiten zeigen, was jeweils zu tun wäre, was den Kindern ein Stück weiter bringen würde, mit ihren Therapeuten zu Hause.
Seit 10 Jahren wird die Therapiewoche angeboten, seit 8 Jahren fahre ich hier her und massiere die Eltern der MPS-Kinder. Es ist mir ein Anliegen, dass die Eltern die Möglichkeit erhalten, sich etwas Auszeit zu verschaffen. Ihnen eine Möglichkeit zu schaffen, etwas Entspannung und Erholung zu geben und sich hier die Zeit für sich zu nehmen.
Mit einer Diagnose zu leben, die besagt, dass das Kind eine lebensverkürzte Erkrankung hat, ist ein Hammerschlag gegen alle Regeln des Lebens. Da sind wir gefordert uns zu kümmern, zu klären, Gespräche zu führen. Kurz gesagt, der Alltag verändert sich komplett. Eine Drehung um 180 Grad. Im Schlepptau der Gedanken, dass wir nicht viel Zeit miteinander haben.
Es ist ausgesprochen. Ausgesprochen und diagnostiziert.
Dabei vergessen wir gerne, dass wir alle diagnostiziert sind. Eine Diagnose haben, die besagt, dass wir alle auf jeden Fall sterben werden.
Doch was tun wir? Wir ignorieren das Wesentliche und stürzen uns in Arbeit, in gesellschaftliche Verpflichtungen, in in in. Da gibt es vieles, was aufgezählt werden könnte. Wir wissen das Alles bereist. Sind uns dessen zwar nicht immer bewusst, doch wenn wir mal ruhig sitzen und den Gedankenfluss durchbrechen können, spüren wir, dass es noch mehr gibt. Ein Mehr, das uns fehlt und uns einsam macht. Wir machen das, ich nehme mich nicht aus.
Ich finde viele schöne Dinge, von denen ich mich ablenken lasse, ins Wesentliche zu gelangen. Zu spüren, in Berührung zu kommen, was jetzt wirklich dran wäre. Berührung als einen wichtigen Bestandteil zu verstehen, der uns Wesen hier auf der Erde ausmacht. Sei es bei den Tieren, den Pflanzen uns Menschen. Alles steht in Kontext zueinander, ist aufeinander abgestimmt und benötigt Resonanz. Ist in Resonanz. Gehe ich in Resonanz, so bin ich in der Berührung. Bin ich Berührung. Bin Begegnung. Bin Bewegung. Und doch leben wir alles andere, als das.
Berührung kommt oft im Alltag zu kurz. Klar, wir berühren unsere Kinder, im Besten Fall auch unseren Partner, aber in der Echtzeit unseres Seins, bleibt eine innige Berührung aus. Wir tätscheln, umarmen im weitesten Sinne und klopfen uns auf die Schultern. Doch die wahre Berührung von Herz zu Herz bleibt oft aus. Zu sehr im Handeln beschäftigt, im Tun von Dingen, alles vorne an stellen und dann? Bleibt keine Zeit, um sich einer innige Begegnung zu öffnen. Wir hindern uns daran. Vor lauter Angst? Vor lauter..... keine Ahnung. Ich selbst habe mich lange Jahre verschlossen, dachte, ich gehe kaputt, wenn ich das zulasse, wenn ich umarmt werde. Doch irgendwann habe ich gespürt, wie gut mir das tat. Ich durfte weinen, ich durfte einfach sein, ich durfte fühlen, ich habe mich angefangen wieder zu spüren. Mein Herz zu spüren, die Emotionen zu spüren, das Lieben zu spüren.
Be-rühr-ung. Be-geg-nung. Be-weg-ung.
In die Massage übertragen, findet Begegnung statt. Still, körperlich. Sanft. Die Bewegung auf der Haut geht tief unter die Haut. Berührt und gleitet dahin. Nur aus dem Selbst heraus. Bedingungslos, einfache Berührung.
Und in dieser kleinen Sequenz sich fallen lassen zu dürfen, ist ein großes Geschenk, das wir erhalten können, wenn wir uns darin öffnen.
So kann jeder dies in seinen/ihren Alltag mitnehmen und vielleicht einen Raum finden, dies zu integrieren. Sich anzulehnen.
Das wünsche ich uns allen. Einen Raum zu finden, in dem wir einfach sein dürfen.
Ich gehe noch einen Schritt weiter und wünsche uns, dass wir erkennen, wenn wir uns alle lassen würden, mit allen Macken und Kanten und uns frei aus unserem Herzen annähern, begegnen dann kann Heilung geschehen und wir können von unserem Herzen aus alles betrachten und vorallem
Lieben Lieben Lieben
Und das "nur" durch Berührung
