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Trau dich zu trauern

Aktualisiert: 27. Jan. 2022




GLEICH WEIT UND NAH


Vielleicht weiß ich jetzt noch nicht,

wohin ich gehe

und was das Ziel sein wird.


Ich werde es wissen,

wenn ich da bin

und keine Fragen mehr offen sind,

hinter mir und vor mir die Welt gleich weit

und nah erscheint,

der Himmel und der Boden mich halten

und Nacht und Tag fließend ineinander übergehen.


es wird ein wenig dauern,

deshalb habe ich Proviant dabei,

welches meinen Geist füttert,

wenn ich mal gedankenlos sein sollte.


Auf meiner Karte ist kein Weg eingezeichnet,

alles sieht gleich aus und nichts ist zu erkennen,

das Einzige,

was mich führt,

ist mein Wille zu finden.


Manchmal werde ich mich verlieren

und meistens werde ich mich finden,

niemals werde ich nicht wissen,

wie es weiter geradeaus geht.


Vertrauen ist fest unter meinen Füßen verankert

und wird mit jedem Schritt mehr gefestigt.

Ich bin mein treuester Begleiter,

kann mir helfen,

wenn ich rastlos bin.


Ich weiß nur jetzt noch nicht,

wohin ich gehe und was mich am Ziel erwartet.


- Clara Louise -


Ich habe schon in einem anderen Blog von den verschiedenen Trauerphasen von Elisabeth Kübler-Ross geschrieben.

Nun habe ich nochmal neu gestöbert, in Büchern, um meine eigene Trauer zu verstehen.

Nicht vom Kopf her, vom Herzen her.

Ich fühle mich sooft in meinem Leben zerrissen, nicht weiter machen zu wollen, doch weitergetragen von meiner Liebe zu meinen Kindern, von der Liebe meiner Seele zu mir und dem Leben, was da ist, was gelebt werden will.

Was tue ich hier? Mache ich die Schritte, die ich gehe, für mich, weil es das ist, was ich will? Mache ich es, weil ich Anerkennung, eine DA-SEINS-Berechtigung suche, brauche?

Was tue ich?

Aufstehen am Morgen. Schwere erfüllt mich, wo ist der Sinn des Tages?

Aufraffen, aufstehen, Tee machen, Sport, wenn ich Zeit mir nehme, und dann? Für wen stehe ich auf?

Für mich?

Für andere?

Setze dennoch einen Schritt vor den anderen, rede, schweige, schweife ab, lenke ab von den reell fühlenden Emotionen. Blick in die Vergangenheit, Schmerz fühlen, in der Gegenwart ankommen, Tür zu machen.

Was ist jetzt da? Bin ich gerade bereit, mich auf die Gegenwart einzulassen? Will ich das?

Will ich festhalten? Und wenn ja: Was gibt mir das? Welchen Benefit habe ich davon?

Türen zu machen, das hört sich hart an, doch es ist manchmal eine gute Möglichkeit, nicht alles auf einmal fühlen zu müssen. Es ist ein Schutz. Bei mir sind es Truhen. Ich habe für verschiedene Themen Truhen. Manchmal springt der Deckel von alleine auf, manchmal öffne ich selbst einen, ganz behutsam und schaue mir meine “Schätze“ an, denn das sind unsere tiefsten Schmerzen, unsere Dunklen Flecken, unsere Erlebnisse, die uns mit unliebsamen Erlebnissen konfrontieren. Mittlerweile erkenne ich, bzw kann spüren, dass genau diese Schattenthemen, die Seiten, die wir nicht sehen wollen, nicht unsere Schwächen sind, sondern unsere Stärken. Denn durch diese Erlebnisse, wachsen wir, so schmerzvoll sie oft sind.

Ja, es ist nicht leicht und oft auch einfach nur f***bullshit.

Ich kann, wenn ich mich mal von einer anderen Seite den Themen stelle und nicht gleich ins Drama gehe, sondern etwas von weiterer Distanz darauf schaue, erkennen, was das für einen Schatz bereithalten kann für mein eigenes Leben.

Es gibt genügend Themen, die ich auflisten könnte.

Doch bleibe ich bei meinem schmerzvollsten Verlust.

Es jährt sich zum 6. Mal der Todestag meiner jüngsten Tochter. Normalerweise fängt es langsam schleichend an, dass ich mich “komisch“ fühle, so als wenn sich unter meinen Füßen der Boden öffnet. Ich werde vergesslich, instabil, bin nicht ganz hier im Diesseits.

Doch bin ich hier.

Ich träume von meiner Tochter, ich sehe sie, erinnere mich nochmal mehr an unsere gemeinsame Zeit hier auf Erden.

Möchte daran festhalten, kann mir nicht erlauben, dass es mir gut gehen darf, ohne sie.

Würde gerne an allem Alten festhalten, doch das Band, in die Vergangenheit wird immer länger, ich verwickle mich, es wird dünner, ich nähre es, es ist zum Zerreißen gedehnt.

Dan drehe ich mich um, sehe dieses Band und setze mich.

Kann diese Verbindung halten, wenn ich nicht so daran reiße, wenn ich es sanft halte? Wenn ich sanft weitergehe und mit Liebe, mit Schmerz, mit allem was ist, nach hinten schaue, doch nach vorne weitergehe. Was geschieht, wenn ich dies tue? Ist damit der Verlust vermindert und das Gefühl dazu weniger?

Im Moment kann ich fühlen, dass der Schmerz, der Verlust gleich bleibt. Doch ich kann gleichzeitig weinen und lachen, ich kann tanzen und traurig und wütend sein. Ich kann weitermachen und meine Tochter überall miteinbeziehen.

Mein letztes Erlebnis hat mir gezeigt, dass alles auf einmal in einem Moment da sein kann und ich immer noch stehe, vielleicht etwas gebeugt.

Ich war am Tanzen und wollte so gerne meine Emotionen heraus tanzen, doch das ging nicht. Und mit geschlossenen Augen konnte ich plötzlich meine Tochter sehen, wie sie auf mich zu gerannt kam und völlig ausgelassen mit mir tanzte. Sie freute sich und wirbelte um mich herum. Ich tanzte und weinte, lachte innerlich mit ihr und sie tanzte für mich, mit mir.

Im nächsten Lied hatte ich damit zu tun, ganz tief in mich einzutauchen und das er-lebte zu fühlen und zu integrieren. Ich konnte mich sanft zur Musik wiegen und bei mir ankommen.

Ja, der Schmerz ist da, und ich würde mich so freuen, wenn ich hier noch mehr Tage mit ihr hätte haben können.

Ich darf mir erlauben, dies eben auf allen Ebenen zu spüren und mich dem steten Fluß hingeben. Mitfließen und eintauchen in diese unterschiedlichen Ebenen unseres Da-seins.

Switchen zwischen den Welten.

Das Wichtigste ist jedoch, dass wir immer wieder zu uns selbst zurückkehren und unseren Weg weiter gehen.

Es verbirgt sich in diesen Verlusten ein großes Geschenk. Dieses Geschenk zu bergen und ans Licht zu bringen, dass ist die wahre Kunst.

Ob nun ein Tod eines geliebten Menschen, oder Tieres, oder ob es schwere Krankheit ist, alles basiert und zielt darauf ab, unser größtes Licht hervor zu bringen.

Klingt nach ganz viel Spirit?

Ja, weil wir uns davon abgewendet haben. Wir leben in einer Verstandeswelt und rationalisieren, analysieren und vergessen dabei, dass wir alle mit allem verbunden sind. Ohne die Vergangenheit gibt es keine neue evolutionäre Weiterentwicklung. Ohne die gegangen Schritte der Ahnen, gäbe es uns nicht. Wir transformieren das, was schon da war und gehen weiter.

So ist es auch mit dem Thema Verlust und Tod.

Darf ich mir erlauben zu erkennen, was da für mich verborgen war?

Darf ich es bergen?

Darf ich ganz sein? Mit aller Spiritualität, die darin liegt?

Wenn ich nicht die Möglichkeit gehabt hätte, diese Ebene mit Lucia nicht üben zu dürfen, dann würde es mir wohl sehr schwer fallen, mit ihr zu kommunizieren und ihr zu zu hören.

Auch ein Geschenk, welches ich auf unserem Weg liegen hatte und von dem ich anfänglich nicht wusste, warum es mich dahin zog.

Leben nach einem Verlust ist eine bewusste Entscheidung.

Ich habe mich oft gezwungen gefühlt, dass ich weiterleben sollte, obwohl ich keine Lust hatte.

Das Gefühl, alles zerrt an mir, hat mich schwer gemacht. Verzweifelt, wütend.

Zu der Entscheidung weiter zu leben gehört vor allem MUT, ein LÖWENMUT.

Ein JA.

Ein lautes, ein sanftes ein bewusstes JA.

Und auch ein klares, standhaftes NEIN.

Vielleicht auch mal mehr ein NEIN auf den Lippen und nicht mehr mitmachen.

Was ist denn das für ein Thema, dass im Tod steckt?

Ende und Neubeginn.

Worin steckt den das Sterben?

In allem, in jeder kleinen Sekunde, in jedem Ein- und Ausatmen. Sterben, was zum Tod gehört, ist das Erleben von dem Augenblick, der nicht mehr ist, weil er schon Vergangenheit geworden ist. Ist nicht mehr zurück zu holen, für immer im Orbit der Gedanken, der Erinnerungen verschwunden, gespeichert.

Vor jeder neuen Entscheidung steht ein Sterben. Vor dem Schlafengehen, wenn ich loslasse und mich dem Schlaf hingebe.

Es ist auch die Hingabe an den ewigen Kreislauf von Leben und Sterben. Das eine gibt es nicht ohne das andere.

Was bleibt?

Ein NEIN zu alten Geschichten.

Ein JA zur Veränderung.

Was ist mein Geschenk, was in unserer Geschichte zu erfahren gab?

Eine Tiefe, eine Liebe die ich geschenkt bekommen habe, die ich jetzt weitergeben kann.

Verständnis und auch Unverständnis.

Und viele kleine Geschenke, die ich bei mir, in mir trage.

Namaste





















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