Letztens war ich ein Teil einer großen Gruppe, die in tiefe Prozesse eintauchen lernen wollte. Also, wie andere Menschen darin begleitet werden können.
Das bedeutet natürlich, dass wir uns selbst damit beschäftigen, in unseren dunklen Anteilen tief einzutauchen und lernen damit einen Umgang zu bekommen.
Es bedarf nicht nur der Techniken, sondern viel viel mehr. Empathie, Erfahrung, Einfühlungsvermögen und das Bewusstheit über die tiefen Abgründe, die sich auftun können.
Ein Satz, den mir meine schamanische Lehrerin mitgegeben hat:
Der/ die Meister/in sitzt vor uns. Wir sind nicht in deren Schuhen gelaufen.
In diesem Satz steckt eine tiefe Botschaft an uns.
Bei allen Begegnungen sind wir schnell dabei zu werten, das Gegenüber in eine vorgefertigte Schublade zu stecken und wir werfen mit Ratschlägen und Tipps nur so um uns.
Vor allem glauben wir, wir wüssten, wie sich unser Gegenüber fühlt und was sie braucht und tun müsste, um dies oder jenes zu ändern.
Wenn wir uns jedoch gestatten NICHTS zu wissen und "nur" den Raum offen halten für das Gegenüber, so machen wir schon sehr viel. Denn wir können nicht wissen, was das Gegenüber braucht und in welcher Zeit was geschehen soll. Das wichtigste ist, meiner Meinung nach, Fragen zu stellen, zuhören und zu fühlen.
Gerade dann, wenn z.B. ein lieber Angehöriger oder ein Lieblingstier verstorben ist, sollte
Doch glaubt mir, hört sich easy an, ist es jedoch nicht.
Ich glaubte, ich könnte mal eben einen Glaubenssatz auflösen und mich befreiter fühlen.
Ja, ist auch zu einem gewissen Grad geschehen.
Doch dann tauchte nicht die tolle Zukunft auf, sondern ich saß im dunklen Keller. Ich spürte körperlich einen tiefen Schmerz.
Die ganze Trauer, um den Tod meiner Tochter kam aus meinen Tiefen herauf gesprudelt und forderte mich auf, ihn zu spüren, mich den Tränen zu stellen, hinzusehen.
Nun ist es so, dass ich dem keinen Raum schenken kann, wenn ich nicht das Gefühl habe, dass das Gegenüber damit nicht umgehen kann.
Trauer ist laut und leise. Will und darf integriert werden und sie immer wieder gesehen werden. Darf laut in die Welt geschrieen werden.
Es ist ja nicht so, dass es nur manchen Menschen geschieht, das sie eine/n Angehörige/n verlieren, es ist um uns, in uns und überall wird gestorben.
Wir fühlen mit, wenn ein Erdbeben die Erde schüttelt und viele Menschen auf einmal ums Leben kommen.
Wir fühlen mit, wenn der Papa, die Mutter, Oma und Opa sterben. Wir fühlen mit, wenn Kinder sterben.
Auch bei liebenden Haustieren kann die Trauer tief sein und seine Narben hinterlassen.
Unsere Gesellschaft hat dennoch den Tod aus dem Leben verbannt.
Kaum ist das Menschlein unter der Erde - ja ich schreibe das so salopp - dann darf noch 6 Wochen getrauert werden, manchmal ein Jahr. Und dann soll es gut sein.
Hätte im Mittelalter die Kirche den Tod nicht so vehement "verteufelt" und den Sensenmann eingeführt, wäre es vielleicht einfacher, gemeinschaftlicher mit dem Tod umzugehen. Wir könnten in der Gemeinschaft, in der Familie Halt finden. Es gäbe etwas Tragendes. Ein Gerüst.
Doch dem ist nicht so. Meistens sieht es so aus, das der trauernde Mensch damit alleine ist.
Nun gibt es immer wieder diese Momente, wo die Trauer gesehen werden will.
Bei mir ist es der Tod meiner Tochter. Der Schmerz schleicht sich ganz langsam an.
Ich gebe mal einen kleinen Einblick:
Es gibt Tage, da stehe ich schon mit Blei in den Knochen auf. Ich versuche meinen Alltag zu strukturieren, werde fahrig, weiß noch gar nicht was los ist.
Wie an diesem letzten Wochenende. Ich komme in den Saal und spüre schon in meinem Körper wie die Panik und die Angst hinein kriecht.
So viele Menschen.
Ich höre die laute Musik, fühle mich wie ein Alien und habe keine Ahnung warum. Ziehe mich nach Innen zurück, um "stand zu halten".
Bin ja schließlich hier, um mich weiter zu entfalten.
Mir fehlte in diesem Moment ein kleiner Schutzraum. Also ziehe ich mich immer weiter zurück. Nun habe ich im Innen eine "Schutzmauer" aufgebaut.
Spüre, wie ich in der Menge immer trauriger werde. Innerlich, nach Außen soll gelacht und getanzt werden. Wir wollen ja aus der Komfortzone raus, alle machen mit.
Denke noch, es liegt daran, dass ich ein Thema damit habe, meinen Platz in solchen Gruppen zu finden, um mich sicher zu fühlen.
Während einer der Prozesse stockt es in mir und ich spüre schon davor, wie Angst da ist und die Schwere in meinem Herzen immer größer wird und mein Herz wie Blei ist.
Wollte ich doch genauso wie die anderen Prozesse mit Leichtigkeit die Zukunft sehen. Dieses Mal nicht.
Tief hinab zieht es mich. Die Tränen die wieder Raum brauchen, die geweint werden wollen.
Tränen, die einen Ausdruck nach Draussen benötigen. Salz, das geweint werden will, die zu Mutter Erde zurückfließen dürfen. Ich versuche sie zu unterdrücken, der Kloß im Hals wird immer dicker, der Kopf explodiert, ich halte und halte.
Ich weiß ja, wie ich mich fühle, wenn ich mich dem hingebe, dann ist es leichter. Doch ich vertraue nicht. Ich ziehe mich noch weiter zurück.
Dann bricht es aus mir heraus.
Hält Mutter Erde mich, darf ich mich fallen lassen? Ja SIE ist da, ihr vertraue ich.
Wie ist es mit meinem Gegenüber, kann ich mir es erlauben, den Raum zu sprengen und meine Tränen fließen zu lassen, darf ich laut werden. Kann mich das Gegenüber halten?
Nein/Ja?
Spüre ich es? Was ist mit dem Satz, der dann gesagt wird:
LASS DEIN DRAMA LOS. LASS DIENE TOCHTER LOS?
Wut steigt auf. Verzweiflung und Verletzung. Verletzung darüber, welch ein Verständnis in unserer Gesellschaft wohnt. Als wenn du deine Liebsten loslassen musst, damit du frei wirst.
Es geht nicht darum, die Tochter, den Sohn, die Liebsten loszulassen. Sondern zu trauern, wenn die Trauer da ist. Es sollte ein Verständnis dafür geben, dass Trauer ein Gefühl ist, dass wie Freude, Glück, Wut da sein will. Es will sich Raum nehmen dürfen. Will sich zeigen, mit allen Farben die sie ist.
Geben wir der Trauer nicht die Möglichkeit gelebt und sichtbar zu sein, dann kann uns dies in verschiedenen Bereichen unseres Lebens einschränken. Sei es, dass die Menschen wunderlich werden, oder Krankheiten auftauchen, Freundschaften kippen, Familie sich entfremdet, oder einfach nur darin, dass der trauernde Mensch lernt, sich nicht zu zeigen.
Es gibt immer wieder Zeiten, in denen ich mich abgekoppelt fühle, der Himmel nicht blau ist und mich der Frühling nervt.
Schenke ich mir dann jedoch den Raum, zu weinen, zu reden, diese Bilder dasein zu lassen, dann verändern sich die Farben wieder. Der Raum um mich kann wieder größer werden, ich werde wieder größer, kann mein Leben weiterleben. Es hat einen Sinn, dass ich dieses Erleben hatte und nun mit dieser Geschichte weiterleben darf.
Und ja, wir leben weiter und das darf gelernt werden, mit aller Liebe und Sanftheit. Das geht manchmal nicht von Heute auf Morgen. Manchmal braucht es Jahre, mal geht es schnell. Manchmal erscheint die Trauer erst Jahre später, holt uns ein. Alles ist normal.
So viele Menschen es auf der Welt gibt, so viele Arten der Trauer wirst du finden.
Es ist nicht vorhersehbar und nicht kalkulierbar.
Was ich jedoch gelernt habe, ist, damit zu sein und das es keinen Sinn hat, irgendetwas weg zu drücken (auch wenn ich es immer wieder mache).
Die Momente zu genießen, wenn es sich komplett anfühlt, wenn ich diesen Anteil in mir auf den Arm nehmen kann und wir gemeinsam, Arm in Arm weitergehen.
Denn so traurig der Tod ist, es liegt auch hier ein Geschenk darin verborgen.
Lasst uns diese Schätze heben. Lasst uns anderen Menschen, die vielleicht verzweifeln, unterstützen. Lasst uns die Trennung aufheben.
Wir sind bunt, wie der Regenbogen.
Wenn unsere Zeit gekommen ist, werden wir über diesen Regenbogen schreiten und in ein weiteres Abenteuer stürzen.
Wer sagt uns denn, dass wir leben, vielleicht ist es ein Traum eines anderen Menschen.
Na, was sagt dein Verstand dazu?
Sowas dummes? Oder verrücktes?
Vielleicht.
Ich weiß es nicht.
Wir werden es vielleicht erfahren.
Namaste
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